Mit
der Superferry von Manila, Luzon in Puerto Princesa, Palawan angekommen...
Ankunft
Puerto Princesa Donnerstag, 19.10.00/184. Weltreise-Tag:
Fahrplangemäß um 11 Uhr erreichen wir den im Umbau befindlichen
Hafen von Puerto Princesa, Palawan.
Puerto Princesa ist
mit seinen 130.000 Einwohnern die neue Hauptstadt von Palawan, fünftgrößte
Insel und Provinz der Philippinen. Palawan wird wegen seiner
schwer zugänglichen Naturreserven oft als "the last frontier "der
Philippinen bezeichnet.
Die Insel trennt das südchinesische Meer von der Sulu- See.
Palawan erstreckt
sich Nord-Ost nach Süd-West über
ca. 460 Kilometer.
Die Entfernung zwischen Ost- und Westküste beträgt lediglich ein Zehntel
davon.
Auf seinen 12000 km² Fläche tummeln sich etwa 1,2 Mio. (Ur-)
Einwohner,
von denen etliche an Malaria
erkrankt sind (s.u.).
Die gesamte Region ist vulkanischen Ursprungs, es gibt zahlreiche Thermalquellen
und eine zentrale Bergkette, deren Gipfel Mantalingajan 2086 m hoch ist.
Mehr als 1700 Inseln gehören allein zur Provinz
Palawan, deren Einwohner
sich Palawenos nennen.
Neben Englisch, Spanisch und Tagalog sind die Hauptsprachen der Inseln:
Palaweno, Batak und Cuyonon.
Gut, dass Macky uns so viele Informationen über "seine" Insel
mitgegeben hat, nur so entgehen wir gleich am Pier dem ersten "Tatakainka"
oder "rip off".
Obwohl sich nicht so viele Locals wie in Thailand
auf einen stürzen, soll
das erste der hier kursierenden 5000 Tricycles stolze 50 Pesos kosten.
Nachdem wir während der nächsten 100 Meter einige der Trikes links liegen
gelassen haben, bezahlen wir schließlich 20 P. Dies ist zwar immer noch
weitaus mehr als die normalerweise von Strecke und Tageszeit abhängigen
3-5 Pesos pro Person, aber vom Pier oder Flughafen kommend durchaus üblich.
In Zukunft handeln wir keinen Preis mehr aus, sondern halten einfach abgezähltes
Geld bereit.
Die Tricycles auf Palawan unterscheiden sich deutlich
von den sonst auf den Philippinen üblichen Modellen. Sie werden auf der
Insel gebaut und bestehen aus einem 125 oder 250 ccm- Motorrad
(meist Suzuki oder Yamaha), an das eine Kabine aus Betoniereisen, Blechplatten
und einem Rad geschweißt wurde.
Viele dieser Gefährte sind von den Fahrern
lediglich gemietet. Die Miete beläuft sich ohne das erforderliche Benzin
auf ca. 140 Pesos täglich; ein Betrag, der erst einmal verdient werden
muss.
Solche Hintergrundinformationen machen es uns leichter, das Geschäftsgebaren
mancher Fahrer zu tolerieren.
Astrid ist skeptisch, ob wir 5 (wir beide und unsere mittlerweile 3
Rucksäcke)
gemeinsam auf dem Trike Platz finden, aber unser Fahrer ist sich da ganz
sicher...und auch MArtin hat einschlägige Erfahrungen mit 14 weiteren
Passagieren auf so einem kleinen Gefährt.
Unsere Lieblingsunterkunft Banwa lernt
Astrid erst auf Puerto
Princesa 2 kennen, so quartieren wir uns trotz getrennter Betten
im BADJAO
INN ein.
Unser Schlafdefizit ist nach den vielen durchgearbeiteten Nächten
noch nicht wieder ausgeglichen... also gönnen wir uns erst noch einmal
eine Pause.
Schräg gegenüber befindet sich ein neu eröffnetes Internet-Cafe,
in dem wir unsere e-Mails und die Homepage
checken. Schade, dass sich unser 10.000ster Besucher nicht als solcher
zu erkennen gegeben hat... Aber schön zu hören und zu sehen, dass auch
die daheimgebliebenen Freunde immer noch “gut drauf” sind. Vielen Dank
für die Mail, Dieter! 
Als es dämmert, fängt es draußen mal wieder an zu regnen. Wenige Minuten
später fällt der Strom aus, alle Computer stürzen ab.
Sofort poltert ein Pulk Kinder aus dem 2. Stock ins Freie. Verschämt
grinsend erklären uns die Besitzer, dass sich im Obergeschoss eine Computer-Spielstation
für die jüngere Generation befindet.
Dann versucht man, den Backup-Generator im Hinterhof anzuwerfen, doch
der macht immer wieder schlapp.
Nach dem 3. "brown out" geben wir es auf,
unsere Mails heute zu versenden.
Das Schiffsfrühstück mit blassem Corned Beef, Reis und 2 Spiegeleiern
entsprach nicht unbedingt unserem Geschmack und wir suchen nach Essbarem.
Doch es herrscht Stromausfall in der gesamten Stadt, nirgends wird
gekocht. Die meisten philippinischen Restaurants verbreiten mit ihrem
Kerzenschein zwar eine
romantische
Atmosphäre,
satt wird man davon jedoch nicht.
Dank schweizerischer Vorsorge ist
in der
TRATTORIA
vom Stromausfall nichts zu merken. Die 6-seitige Speisekarte offeriert
bei entsprechenden Preisen so ziemlich alles, wonach europäische Gaumen
nach 6 Monaten asiatischer Küche lechzen: Salat Nicoise, Berner Rösti,
Spaghetti Bolognese, Schweinebraten oder Cordon Bleu. Köstlich dekadent
?! – Egal !
Am Tresen sitzen fast ausschließlich Schweizer und Deutsche, viele mit
deutlich jüngeren philippinischen (Ehe-) Frauen.
Einer von
ihnen ist der Schweizer MG, Mitinhaber der Queen-Anne- Tauchschule.
Für 60$ pro Person (einschließlich Equipment, Essen und 2 Tauchgängen)
bietet er uns den für hiesige Verhältnisse günstigsten bequemen Tagestrip
auf seinem stattlichen Tauchboot an.
Unsere Dienste als Divemaster benötige
er jetzt in der Nebensaison nicht.
Hier auf Palawan herrsche auch viel weniger Tauchbetrieb als auf
den bekannteren, für einen"normalen" Urlaub prädestinierteren
philippinischen Inselparadiesen wie Puerto Galera, Boracay
oder Cebu...
Die Tauchsaison
auf den Philippinen liegt jedenfalls im Dezember sowie
in den Monaten März bis Juni.
Dank San
Miguel
liegt dazwischen eine ausschließlich finanzielle Durststrecke.
Puerto
Princesa Freitag, 20.10.00/185. Weltreise-Tag:
Täglich nimmt so viel Neues unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, dass wir
mit dem Ausformulieren unserer Notizen ganz schön hinterherhinken.
Während
MArtin noch schläft, begibt sich Astrid zwecks Visaverlängerung
zur nahe liegenden Einwanderungsbehörde. Von außen wie von innen
wirkt das Immigationsgebäude eher wie eine abbruchreife Bretterbude.
Die Elektrizität
droht auch ohne Regen mehr als nur einmal zusammenzubrechen, die nackte
25W-
Birne flackert nervös.
Nach Ausfüllen der Anträge muss Astrid auf die gegenüberliegende Straßenseite,
um eine Kopie der Ausweise und Einreisestempel machen zu lassen. Dann
erfolgt eine kurze Unterhaltung mit dem Sachbearbeiter. Warum Astrids
Begleiter denn nicht persönlich erscheine? Welcher Art denn unsere Beziehung
sei? - Auch auf den Philippinen kenne man nicht legalisierte partnerschaftliche
Verhältnisse. Wenn sie für ihn bezahle...No problem. Gegen Zahlung von
2 x 2020 Pesos (Währungsrechner)
bekommt Astrid beide Visa um 38 Tage auf 59 Tage Gesamtaufenthaltsdauer
verlängert.
Auf dem Rückweg kommt sie an einem Schild mit der Aufschrift Tourist
Information vorbei. Die im Touristenbüro arbeitende
Filipina ist sehr freundlich und auskunftswillig. Im Verlauf des Gesprächs
werden jedoch die Einseitigkeit der Hotel- und Kreuzfahrtinformationen und die privat- kommerzielle
Natur des getarnten Reisebüros offensichtlich. Das „offizielle“ City Office
of Tourism befindet sich am Flughafen, das Provinziale Touristenbüro
im Capitol, das mit seiner runden Form fast an eine römische Arena erinnert.
MArtin hat sich am Abend zuvor noch mit MG und Frank am Computer der
Trattoria verabredet. Es geht um die Gestaltung der Homepage von Franks Resort
auf
der Halbinsel Icdambanuah, die zur ehemaligen Hauptstadt Taytay an der
Ostküste gehört.
Als er zurückkommt, ist er geknickt. Das Hochladen der Dungun-Seiten
hat nicht geklappt. Außerdem ist ihm beim Versuch, sich im Netzwerk
des Internetcafes anzumelden, der Computer abgestürzt, so dass etliche
der bei Maznah gemachten Up-Dates verloren gegangen, viele Stunden
Arbeit
damit wieder einmal umsonst gewesen sind.
Highlight des Abends ist das traditionelle und ausgesprochen leckere
Räucherfischessen beim amerikanischen „Expatrioten“ Pat und seiner Frau.
Sie sind seit mehr als 20 Jahren verheiratet. Respektvoll wird er von
den jüngeren Filipinos "Papa Mike" genannt. Er scheint keine
Angst vor Repressalien zu haben und nimmt in seinen Artikeln im lokalen
Blättchen kein Blatt vor den Mund. Die Ärmsten der Armen haben in ihm
einen ernstgenommenen Interessenvertreter.
Die anwesenden Männer sind mit einer Ausnahme Europäer und Amerikaner,
die sich hier eine Existenz geschaffen haben oder gerade versuchen, dies
zu tun. Unter den Frauen ist Astrid die einzige Europäerin. Wir haben
den Eindruck, ohne große Vorbehalte willkommen zu sein und genießen geräucherte
Forelle mit Zwiebelringen.
Samstag,
21.10.00/186. Weltreise-Tag:
Um 9 Uhr ziehen wir ins Nachbar- Guesthouse
CASA LINDA. Es
liegt abseits der Straße hinter dem
Garten vom Badjao Inn in ruhiger Umgebung. Einige Traveller haben uns
die Unterkunft
wegen der hier herrschenden familiären Atmosphäre und des sauberen Ambientes
sehr empfohlen.
Chona ist die Erste, die das am frühen Morgen an der
Rezeption mit einem herzlichen Willkommensgruss unter Beweis stellt.
Eine Steckdose gibt es in unserem Hotelzimmer nicht. Wie schlau, dass
wir einen Lampenadapter dabei
haben!
Das in philippinischem Baustil ganz aus Holz und Bambus errichtete Gasthaus
fügt sich natürlich in die üppige
Pflanzenwelt ein.
Das Grünzeug wächst einem hier buchstäblich über
den Kopf; die Blätter nehmen gigantische Ausmaße an und Schlingpflanzen
ranken sich überall um die überirdisch verlegten Stromkabel. Kein
Wunder, dass auch ohne Regen immer wieder der Strom ausfällt. Gegen
den Grünwuchs hier
ist kein Kraut gewachsen. (Die Wurzeln der mit Astrid abgebildeten Pflanzen
werden übrigens auf Tonga
"Kape" genannt und gegessen.)
Puerto Princesa genießt den
Ruf der "cleanest and greenest city" auf den Philippinen. Theoretisch
werden für eine weggeworfene Zigarette 200 P, beim 2. Vergehen 300 P und
1 Monat Gefängnis, beim 3. Mal 1000 P Bußgeld erhoben und 2 Monate Gefängnis
verhängt. Eine horrende Summe, wenn man bedenkt, dass der staatlich festgelegte
Mindestlohn pro Tag bei 188 Pesos liegt.
Um so verwunderter sind wir über den herumliegenden Abfall
um die kleine bewohnte Bucht zwischen Moslemviertel und öffentlichem Friedhof.
Dabei steht vor jeder Haustür ein ehemaliger, jetzt blau gestrichener
ausgebauchter LKW-Reifen als Mülleimer. Es braucht offenbar etliche Generationen,
bis sich Entsorgungsgewohnheiten ändern. Schließlich war Abfallbeseitigung
noch für die Großväter der hier lebenden Kinder kein ernsthaftes Thema.
Damals gab es fast ausschließlich organischen Müll, während man sich heute
kaum noch vor den dünnen zartbunten Kunststofftüten und Trinkhalmen aus
Plastik zu retten weiß.
Auf MGs Boot steht heute die Wartung des Tauchequipments an. Wir nutzen
die
Gelegenheit, ihm über die Schulter zu schauen. Außerdem will MArtin ein
paar Fotos für die Queen-
Anne- Homepage
machen. Die Crew besteht aus 3 Filipinos, die, ähnlich wie in Thailand,
nicht nur auf dem Boot arbeiten, sondern
auch leben.
Wir philosophieren über europäische und philippinische Mentalität. Eine
der Gemeinsamkeiten scheint neben dem christlichen Glauben die problemarme
Integration von Doppelmoral zu sein. Die unterschiedliche Ausgestaltung
erschwere jedoch häufig die Schaffung einer Vertrauensbasis.
So verhindere beispielsweise (falsch verstandener?) Respekt gelegentlich
das offene Austragen von Kontroversen. Der entstehende Unwille auf philippinischer
Seite bleibe europäischer Sensibilität oftmals verborgen,
die resultierende stumme Verweigerung hingegen nicht. Dank allsonntäglicher
Absolution der gutchristlichen Filipinos blieben Fehler und Vergehen häufig
ohne irdische Konsequenz.
Auch scheint die Grenze zwischen "Mein" und "Dein"
anders gezogen zu sein als im westlichen Kulturkreis: Das Nutzen fremder
Geräte sei hier eine Selbstverständlichkeit - das Zurückbringen
hingegen nicht.
Auf dem Rückweg nehmen wir wieder ein Trike. Mittlerweile sind wir bereits
ein eingespieltes Team: MG nimmt den vollen Beifahrersitz ein, MArtin
sitzt hinter dem Fahrer und Astrid hockt mit dem Rücken in Fahrtrichtung
vor der Fensterscheibe. Auf der Rückbank sind mindestens noch zwei, eigentlich
eher 3 „reguläre“ Plätze frei, auf ihnen sind häufig Kinder oder Gepäck
„verstaut“.
Sonntag,
22.10.00/187. Weltreise-Tag:
Heute fahren wir mit MG im Trike Richtung Hafen, um Tauchen zu
gehen. Immer wieder
muss der Fahrer halten, weil MG noch Besorgungen erledigen muss.
Das ist uns ganz recht, denn wir sind von dem bunten Treiben auf Puertos
Straßen fasziniert. Bei einem Bevölkerungswachstum von 3% wird das Straßenbild
überwiegend von Jungvolk und schwangeren Frauen bestimmt. Wir
staunen, mit welch Ideenreichtum und Phantasie Kinder achtlos weggeworfenen
Müll zu Spielzeug umfunktionieren.
Ein dunkelhäutiger Straßenhändler trägt auf jeder Schulter eine Stange,
an deren beiden Enden jeweils ein mit weißlicher Sojabohnencreme und ein
mit braunem Zucker und Sagokügelchen gefüllter Blechkübel hängt. Gemischt
ergibt sich das sogenannte "Taho", ein nicht nur bei Kindern
beliebtes süßes Gelabbel.
Es herrscht strahlender Sonnenschein, als wir mit MG,
seiner Frau und dem vorwitzigen Papagei mit dem kleinen Serviceboot zur
Queen Anne übersetzen. "The worst day diving is better than the
best day working", lautet MGs Motto. Nach seinen Aussagen ist
heute der schönste Tag seit Wochen. Mit ca. 8 Knoten (= 15 km/h) tuckert
das schmucke Boot langsam aus der Bucht von Puerto Princesa in Richtung
Norden. Immer wieder kreuzen
typisch philippinische Auslegerboote mit nagelndem Dieselmotor im Mittelbauch
unseren Weg. Mal fungieren sie als Fischerboote, mal scheinen sie als
Behausung eines ganzen Familien-Clans
zu dienen. 2/3 der Filipinos leben von Fischerei und Landwirtschaft. Abwässer,
Dynamit- und Cyanidfischen haben diese Erwerbsquelle in Küstennähe nahezu
unlukrativ gemacht, so dass die kleinen, nicht seetüchtigen Auslegerboote
immer weiter aufs offene Meer und in den Norden Palawans,
dem reichsten Fischgebiet der Philippinen ausschwärmen müssen. Ein vor
allem in den Zeiten des Süd-West-Monsuns von Juni bis November nicht immer
ungefährliches Unterfangen.
Gut eine Stunde entfernt von Puerto
Princesa liegt unser erstes Tauchgebiet: "Village Wall".
Die zweite Dive-Site hat MG „Rescue- Point“ genannt, dort
verstecke er sich regelmäßig, wenn er sich von den Tauchschülern beim
Rettungskurs suchen und bergen lasse.
MG hat das mit Abstand beste Tauchequipment, das wir bislang zur Verfügung
hatten. Vor allen Dingen die langen 3mm- Tauchanzüge passen
tadellos und
isolieren klimaangepasst. Trotz der Routine bei den Tauchvorbereitungen
ist vor allem Astrid anfangs wieder einmal angespannt... doch wenige
Minuten
nach dem Abtauchen ist dieses
Gefühl wie weggeblasen, fühlt sie sich wieder wie ein Fisch im Wasser.
Kein Wunder. Trotz unbekannten Tauchreviers kann man sich
hier mangels jeglicher
Strömung bei Wassertemperaturen von 29°C sicher wie in einer warmen Badewanne
fühlen.
Zunächst sind wir von unzähligen friedfertigen, blau-schwarzen "Rotzahn-Drückerfischen"
umgeben, dann
müssen wir regelrecht aufpassen, nicht über die vielen Feuerfische zu
"stolpern". Zum ersten Mal sieht Astrid zwei der von ihr heiß
ersehnten "Leoparden- Drückerfische" und Miniaturausgaben der
paarigen "Kaiserfische", außerdem etliche "Igel-"
und gelb-lila "Kugelfische". Über das schillernde Farbspektrum
der Korallen und die bislang nicht gesehene Vielfalt von Seesternen vergessen
wir mehrfach die Zeit, so dass wir MG mehr als einmal aus den Augen verlieren.
2 x 60 Minuten verbringen wir gemeinsam unter Wasser und wissen wieder,
warum uns Tauchen so begeistert.
Während der Mittagspause stattet uns ein Wal einen Besuch ab. Doch obwohl
er nahezu 20 Minuten vor unseren Augen auf- und abtaucht, gelingt es keinem
von uns, auch nur seine Schwanzspitze fotographisch einzufangen. Dennoch,
ein weiteres Highlight des insgesamt schönen Trips.
Montag, 23.10.00/188. Weltreise-Tag:
Unsere Haut ist einer stundenlangen Sonnenexposition offensichtlich wieder
entwöhnt; jedenfalls macht sie sich heute durch leichtes Spannen bemerkbar.
Eine gute Gelegenheit "daheim" zu bleiben und die aufgelaufenen
e-Mails (Fluch und willkommener Segen des elektronischen Zeitalters) zu
beantworten.
Dienstag,
24.10.00/189. Weltreise-Tag:
Palawan ist Malaria- Endemiegebiet. Auf der Suche nach weiteren
Informationen stoßen wir auf das Malaria Research Institute in
Puerto Princesa. Der verantwortliche Koordinator, Atoy (nach eigenen
Angaben: attractive, talentated, original and youthful) ist so freundlich,
uns ein Interview über das seit 1993 zusammen mit Shell durchgeführte
Malaria- Bekämpfungs- Programm der Provinz Palawan zu geben.
Bei geschätzten 760.000 Inselbewohnern (die Volkszählung des Jahres 2000
dauert noch an), und einer gegenwärtigen Inzidenz von ca. 60.000, (1998
noch bei 80.000) ist jeder 13. malariainfiziert und potentieller Überträger.
Bis zum Jahr 2001 erwarte man optimistisch eine Reduzierung auf 40.000.
Der Traum heißt Malariafreiheit bis zum Jahre 2020. 1998 habe die Sterblichkeitsrate
für Malaria bei ca. 25% gelegen. Vor allem Kinder und Schwache seien verstorben.
Die Überlebenden hätten gelernt, mit den episodisch wiederkehrenden
Anfällen zu leben. Vorbehalte gegen westliche Medizin (jede Ansiedlung
hat einen Medizinmann), lethargischer Fatalismus und die Vorteile dieser
natürlichen Selektion führten dazu, dass ein Großteil der Bevölkerung
den Sinn einer modernen medizinischen Behandlung kaum einsehe. Daher nehme
Aufklärung neben der Errichtung von Diagnosestationen und der Entwicklung
von Therapiestrategien einen hohen Stellenwert ein. Die Kosten der Antimalariamittel
(1,9 - 5 Pesos pro Tablette = 10Pfg) könne auf Dauer den finanziellen
Ruin einer Familie bedeuten.
Die Malariainzidenz sei auf Palawan nicht gleichmäßig verteilt. Im Süden
sei sie generell verbreiteter, aber es gebe auch im Norden Zentren höherer
Ansteckungsgefahr. An einer genauen Verteilungskarte werde aber noch gearbeitet.
Warum sich wohl der Shell- Konzern, der 80 km von El Nido entfernt im
südchinesischen Meer Erdgasförderungsanlagen errichtet, finanziell an
diesem Programm beteilige? Wir erhalten das übliche philippinische "Ja",
ein leichtes Achselzucken und ein freundliches Lächeln, aber keine weitere
Erklärung...
Bis zum 1.10.01 will Shell den Bau einer Erdgaspipeline fertiggestellt
haben. Am 16.11. soll in Puerto Princesa ein von Shell gefördertes neues
Krankenhaus mit einer speziellen Verbrennungsabteilung eingeweiht werden.
Mittwoch, 25.10.00/190. Weltreise-Tag:
Um kurz vor 7 Uhr ist nach durchschaffter Nacht das Tagebuch von
Cherating 1 bebildert,
Cherating 2 korrigiert, Cherating 3 und 4 in der
1. Version fertig.
Nach ein paar Stunden Schlaf fahren wir raus zu
John und Angela zu Angelas Farm.
Wenige Kilometer außerhalb von Puerto Princesa haben sich die beiden
nach knapp 20 Jahren Leben in der Schweiz hier eine neue
Existenz aufgebaut.
Ihr Resort bietet neben europäisch- asiatischer Küche, Swimming- Pool,
Tennisplatz, Transfer
und Taucharrangements vor allem Gastfreundlichkeit in gehobenem und doch erschwinglichem
Ambiente.
Außerdem ist Angelas Farm ein guter Ausgangspunkt für ein- und mehrtägige
Entdeckungstouren auf Palawan.
Das großzügige Grundstück gleicht einem Naturlehrpfad:
Auf ihm stehen etliche Riesenstechpalmen, Obstbäume (u.a. Mangos, Papayas,
Chicos) und John hat auch eine Baumschule für Mahagonibäume gepflanzt.
Noch sehen die in Reihen stehenden zarten Mahagonibäumchen eher wie Tabakpflanzen
aus, aber innerhalb der kommenden zehn Jahre sollen sie zu prachtvollen
Riesen heranwachsen.
Donnerstag,
26.10.00/191. Weltreise-Tag:
Auf dem Campus vor dem Capitol findet eine Woche lang das „ Oktoberfest“
von Puerto Princesa statt. Neben zahlreichen Essständen (an denen auch
wir regelmäßig unseren Hunger preiswert und gut stillen) und Musikdarbietungen
findet sich auch ein Informationsmarkt über einheimische
Nutzpflanzen. Interessanterweise werden Nutzpflanzen hier fast ausnahmslos
großzügig mit Pestiziden gespritzt, da sie sonst keine Erträge
bringen sollen. Nichts desto trotz hält sich hartnäckig der kleine Pulp
Weevil, ein Parasit der Mangos. Bayer versucht mit bislang zweifelhaftem
Erfolg, seiner Herr zu werden. Bislang konnte aber das seit Jahren bestehende
Ausfuhrverbot für palawanische Mangos noch nicht aufgehoben werden. Bayer
ist übrigens auch sonst in Asien gut im Geschäft.
Freitag,
27.10.00/192. Weltreise-Tag:
Die bereits gestern in Puerto Princesa fortgesetzte
Suche nach Tampons wird heute
im Einkaufszentrum NCCC endlich von Erfolg gekrönt. Zunächst ist Astrid
von der eigenartigen, übergroßen Abbildung auf der Verpackung etwas irritiert.
Auch Andere sind neugierig gewesen: Fast jede Packung ist aufgerissen
und mit Tesafilm notdürftig wieder verschlossen. (Tipp: Auf die Philippinen
reisende Frauen in gebärfähigem Alter sollten sich mal die Menstruation
Cap bei Globetrotter.de ansehen.)
Die
Verkäuferin im NCCC ist sich ganz sicher: 8 Pesos kostet die Briefmarke
für eine Postkarte nach Deutschland. 3 Tage später zahlt Astrid bei der
Post 10 Pesos, denn auch der freundliche Postangestellte ist sich
ganz sicher. Vielleicht ist es auch völlig egal, denn häufig werden Briefmarken
vor dem Abstempeln wieder entfernt und ein zweites (?) Mal versilbert.
Da sind 10 Pesos natürlich lohnender. Mal sehen, welche Postkarten ihr
Ziel erreichen...
Am Abend nehmen sind wir erneut beim freitäglichen Räucherfischessen teil.
Während Astrid sich wieder zu den Frauen gesellt, setzt sich MArtin zu
den Männern.
Die Trennung zwischen Männern und Frauen ist hier so offensichtlich
wie normal...
Eine 61jährige, seit vielen Jahren mit einem Amerikaner verheiratete Filipina
könnte Astrids Mutter sein, eine 31 jährige ihre Schwester. Sie sind die
ersten Frauen, die mit einem lachenden und einem weinenden Auge in entwaffnender
Offenheit über ihre Gefühle innerhalb ihrer gemischtkulturigen Partnerschaft
sprechen. Ein sehr wohltuendes Gespräch.
Am Männertisch spricht man hingegen lösungsorientiert über Praktisches.
Satt sind wir diesmal nicht, also fallen wir auf dem Oktoberfest
noch über einen Mix aus chinesischen Frühlingsrollen, mexikanischen Tacos
und japanischem Sushi her. Kulinarische Errungenschaften der jahrhundertelangen
wechselnden Kolonialisierungsversuche und Besetzungen.
Dann ist eine weitere Nacht vor dem Monitor angesagt.
Samstag,
28.10.00/193. Weltreise-Tag:
Wir nutzen den Rest des regnerischen Tages, um Cherating 3&4
(erstmals
auch mit Sounds) fertig zu stellen. Tagebucharbeit ist Teamwork: Astrid
hält Aktuelles im Psion fest, MArtin formuliert später aus, gestaltet
die Homepage und kümmert sich ums Hochladen. Fotos machen wir beide. Dein
Feed-
Back in Gästebuch,
Fragebogen,
Weltreiseforum
oder als E- Mail helfen gut gegen die Vorstellung, was wir stattdessen
alles machen könnten. Gut, dass es regnet, da halten sich solche Phantasien
in Grenzen...
Rechtzeitig zur Geburtstagsfeier von Mays einjähriger Tochter Pam
kommt am späten Nachmittag für einige Stunden die Sonne zum
Vorschein. Wegen der hohen Säuglingssterblichkeit hat hier der einjährige
Geburtstag allgemein eine besondere Bedeutung.
Bereits seit dem frühen Morgen stapeln sich überall Tüten und Taschen
mit Dekorationsmaterialien und Geschenken, mit denen Casa Linda innerhalb
von Stunden in einen Platz voller Überraschungen verwandelt wird. Ab Mittags
wird ein reichhaltiges Buffet aufgebaut. Am Nachmittag trudeln Verwandte,
Freunde und Bekannte mit ihren
Kindern ein. Sehr zu ihrem Leidwesen wird die kleine Hauptperson wie eine
Puppe mal hier, mal da zur persönlichen Erinnerung der Gäste "drapiert".
Gegenwehr ist an diesem, ihrem Ehrentag jedoch zwecklos.
Während im Casa Linda Idylle herrscht, fordern in Makati (Manila) Tausende
von Demonstranten aus 200 verschiedenen Fabriken, (darunter auch
die regierungsnahen Philippine Airlines), tanzend und singend den Rücktritt
von Präsident Estrada. Unter anderem wirft man ihm persönliche Bereicherung
an illegalen Glückspielgeldern vor. Gewalttätige Auseinandersetzungen
sind jedoch die Ausnahme.
Sonntag,
29.10.00/194. Weltreise-Tag:
"Enough is enough". Nicht nur auf dem Papier und auf
der
Straße wird der Rücktritt des Präsidenten gefordert.
Im Cybercafe Kawing unterzeichnet die neben MArtin sitzende Filipina
gerade einen Rücktrittsaufruf und diskutiert erregt mit anderen Besuchern über
die politische Zukunft der Philippinen. Auf einer Internetseite sollen
binnen der kommenden 3 Wochen 1 Mio. Unterschriften als Ausdruck eines
Rücktritts-
Volksbegehrens
gesammelt und Kongress und Parlament vorgelegt werden. Innerhalb von
2 Tagen konnte diese Seite im Dritt-Welt-Land Philippinen immerhin 33.793
Besucher verbuchen! Laut philippinischem Handelsgesetz können einige
persönliche
Angaben die eigenhändige Unterschrift ersetzen. Der Ausgewogenheit wegen
wollten wir hier aber auch die
Homepage von Präsident Estrada verlinken
- die inzwischen abgeschaltet ist.
Bei bestem Fotowetter fährt Astrid zur hiesigen Kathedrale.
Sonntags finden zwischen
6 und 11 sowie 14 und 18 Uhr stündlich ineinander übergehende Messen statt.
Nahezu 1000 Palawenos tauschen Stunde für Stunde ihre Plätze. Es herrscht
Hochkonjunktur für Tricycles, bettelnde Kinder und die zahlreichen aneinandergereihten
Stände, die unter den Augen der Mutter Gottes Süßigkeiten, Zigaretten,
Nippes, Souvenirs und Religiöses feilbieten.
Wie von Zauberhand lichtet sich das stündlich wiederkehrende Verkehrschaos
wieder
binnen kürzester Zeit .
Via Lautsprecher schallt die Messe über den gesamten Kirchenvorplatz.
Die Kirche selbst ist außen wie innen schlicht gehalten. Versteinerte
Engel bieten an jedem Eingang geduldig Weihwasser an. Menschen kommen
und gehen, Kinder spielen
mit Luftballons oder essen Zuckerwatte - die Kleine neben Astrid kotzt,
offensichtlich hat sie zuviel davon gehabt.
Selbst Stromausfälle, die Kirche ist immer wieder in Dunkelheit getaucht,
unterbrechen das Ritual der Messe nicht. Weder lokale noch nationale tagespolitische
Ereignisse finden Erwähnung. Die Predigt bleibt abstrakt, die Interpretation
des Psalms jedem Einzelnen überlassen. Aus den Zeitungen wissen wir zwar
um die oppositionelle Haltung des Kardinals dem Präsidenten gegenüber,
aber es erfolgt kein Solidaritätsaufruf gegen den Präsidenten.
Auch die Messerstecherei, wegen der vor dem Rathaus quasi vor unseren
Augen ein Filipino erschossen und ein weiterer verletzt wurde, bleibt
unerwähnt.
Jeden Tag scheint eine neue Meldung, eine neue Variante oder eine weitere
Aufdeckung die allgemeine Stimmung anzuspannen und die poltischen Querelen
tiefer in den Alltag zu tragen...
Montag,
30.10.00/195. Weltreise-Tag:
Der stundenlange Regen heute signalisiert
mehr als nur Monsunzeit, die sich im über die Monate Juni/Juli – November/Dezember
erstreckt und häufig unter den Auswirkungen von Tiefausläufern leidet.
(Beste Reisezeit für die Philippnen: Dezember – Mai)
Laut Statistiken des Center for Research on the Epidmiology of Disasters
(CRED) sind
die Philippinen das von den meisten Naturkatastrophen heimgesuchte
Land
der Erde (insgesamt 120 in den letzten 15 Jahren). Dazu zählen Taifune,
Erdbeben, Flutwellen, Vulkanausbrüche, Feuer, Flugzeugabstürze und gesunkene
Fähren. Mehr als 20.000 Menschen sind seit 1985 an den Folgen dieser „höheren
Gewalten“ gestorben.
Der Taifun "Reming", international bekannt unter dem
Namen "Xangsane" wirbelt seit Samstag mit 120-130 Stundenkilometern
über die Regionen Ost- Visayas, Bicol und Süd- Luzon hinweg. Die Zeitungen
berichten von überfluteten Straßen, Verletzten, Toten und Vermissten.
Auf Palawan bekommen wir nur die Ausläufer von Reming zu spüren. Sie bescheren
uns keinen Wind, aber Kühle (24°), graue Wolkentürme und Regen. Entweder
sacht und stundenlang oder kurz und heftigst. Dann verwandeln sich innerhalb
weniger Minuten tieferliegende Straßenränder in reißende Wassergräben
und Dächer in Wasserrutschen. Unbefestigte Seitenstrassen werden zu einem
Parcours durch Schlaglöcher. In einigen steht das Wasser so hoch, dass
eine Durchfahrt mit dem Tricycle unweigerlich zum Absaufen des Motors
führt.
Viele Straßen nördlich von Taytay sind gegenwärtig auch mit Jeepneys nicht
mehr passierbar, der Underwater- River in Sabang ist aus Sicherheitsgründen
geschlossen...
Mit dem Trike fahren wir ins Provincial Hospital von Puerto Princesa,
wo wir ein Treffen mit Dr.
Antonio Sokrates und seiner Frau ausgemacht haben. Er ist zwar kein Malaria-
Spezialist, aber der geistige Vater des bestehenden Anti-Malaria-Programms.
Er arbeitet als Chefarzt der orthopädischen Abteilung. Deren Zimmer haben
wir auf unserem Weg zu ihm gesehen.
1- bis 3-Bett-Zimmer - hört sich luxuriös an. Doch die Räume befinden
sich in erbärmlichem Zustand, teilweise hängt der Putz von der Decke.
Und mit „Bett“ sind auf einem ehemals angestrichenen Metallgerüst ruhende
Holplanken ohne Matratzen gemeint.
Die Kranken müssen von ihren zahlreichen Verwandten versorgt werden. Diese
bringen ihnen auch das Essen, z.B. aus der (teuren) Garküche
gegenüber.
Schwestern und Pfleger verwalten den Mangel, können aber oft nur ein freundliches
Wort oder ein Lächeln anbieten. Einzige Lichtblicke sind, abgesehen von
den nackten Neonröhren, die vielen Kunstdrucke z.B. von Gauguin, Picasso
und Leonardo da Vinci an den abgegriffenen Wänden
der Korridore.
Am Ende des Flures befindet sich das kleine Arztzimmer von Dr. Sokrates
und Frau. Es ähnelt mit seinen Dutzenden von Gemälden fast einem Museum.
An den Wänden findet sich nahezu keine freie Fläche mehr. Entlang der
Wände türmen sich Aktenberge und Bücher. Auf der Besucherbank sitzt ein
speckbraunes, glanzpoliertes weibliches Skelett. Lucies Knochen
müssen anschaulich herhalten, wenn der gelernte Unfallchirurg geduldig
die geplante Operation erläutert.
Lebensaufgabe des idealistischen Ehepaares
ist die orthopädische Rehabilitation, die ja auch bei uns in Deutschland
ein Stiefkind der Medizin ist. Auf den Philippinen ist sie angesichts
fehlender Finanzen und Unwissen der Bevölkerung fast unbekannt.
Frau Sokrates zeigt uns erschütternde Photos von Kindern mit missgebildeten
unteren Extremitäten. Kaum jemand komme hier überhaupt auf den Gedanken,
das familiäre Umfeld behindertengerechter zu gestalten. Dabei könnte man
mit entsprechendem Ideenreichtum meist schon mit wenigen Pesos Wesentliches
zur Integration Behinderter beitragen, ja ein kümmerliches Vor- Sich-
Hin- Vegetieren in einen lebenswerten Alltag verwandeln. Die ebenfalls
fotografisch
dokumentierte Idee eines wohlhabenden Amerikaners, einem verstümmelten
Kind einen elektrischen Rollstuhl zu schenken, ist jedoch ein typisches
Beispiel für sinnloses Klotzen. Wie sollte ein solcher Rollstuhl auch
über roh gezimmerte Holzstege hinwegkommen, nur um kurz darauf im Morast
zu versinken?
Hier
brächte schon kleiner finanzieller Aufwand enormen Nutzen - aber
selbst Pfennigbeträge überschreiten oft die finanzielle Belastbarkeit
der Familie.
Das Ehepaar Sokrates geht ganz in seiner Arbeit auf. Beide arbeiten am
Rande ihrer körperlichen und psychischen Belastungsgrenze, zahlen etliche
Kosten aus eigener Tasche und bekommen doch wenig allgemeine Anerkennung
für ihr hohes menschliches und fachliches Engagement.
Sie führen uns durch ihre Abteilung und bieten an, uns in zwei Wochen
mit aufs Land zu behinderten Kranken zu nehmen. Soviel Zeit haben wir
leider nicht. Aber wir überlegen uns, bei ähnlicher Gelegenheit eine
Reportage mit Bekanntgabe eines Spendenkontos zu veröffentlichen.
Vielleicht, wenn wir noch mal nach Puerto Princesa zurückkommen?
Dienstag,
31.10.00/196. Weltreise-Tag:
Der Verfall der philippinischen Währung nimmt dramatische Ausmaße
an: Seit dem 30. September hat der Peso knapp 10% seines Dollarwertes
eingebüßt, seit Anfang diesen Jahres 22%. 1997 kostete der Dollar 26,
derzeit 50 Pesos. Damit ist der Peso sogar schwächer als der Euro!
Kein
Wunder, dass wir versucht haben, den Tausch von weiteren Reiseschecks
so lange wie möglich hinauszuzögern. Heute jedoch ist für die nächsten
3 Tage in Puerto Princesa die letzte Möglichkeit, noch einmal “flüssig”
zu werden. Unser Wunsch, US-Travellercheques lediglich in Bardollars zu
tauschen, bleibt ein Wunsch.
Der Kurs für Cash- Tausch liegt bei den Money- Changern generell 2-3 Pesos
pro Dollar über dem der Banken. Beim Tausch von Reiseschecks ist es genau
umgekehrt. Allerdings haben die philippinischen Banken ein Limit.
Die Equitable Bank ist die einzige, die Reiseschecks bis zum Nennwert
von 1000 $ tauscht, die Philippines National Bank tauscht höchstens bis
500 $, die Metro Bank bis 250 $.
Weh dem, der unter Hinweis auf später mögliche Stückelung nur „große“
Reiseschecks importiert hat (siehe Grundwissen
Geld & Reise). Neu gestückelt
wird auf den Philippinen höchstens bei der ausstellenden (American
Express) Bank,
die
wir
bislang nur
in
Manila gefunden haben.
Schließlich erhält Astrid 49 Pesos für 1 $. Gerne würde die freundliche
Kassiererin Astrids Wunsch nach Dollars entsprechen und bietet ihr allen
Ernstes an, ihr welche für 52,5 Pesos das Stück zu verkaufen. - Fazit:
Auf den Philippinen reist es sich unkomplizierter mit Bardollars.
Auch die innenpolitischen Skandale während der vergangenen 16 Monate
drehen sich vor allem um eins: Geld, Geld, Geld.
Man munkelt, Präsident Estrada wolle Marcos, als erfolgreichsten "Kleptokraten"
im Guinness Buch der Rekorde ablösen. Ein Schritt dorthin soll die persönliche
Bereicherung an Geld aus illegalem Spiel gewesen sein. Große Teile des
Volkes sind erzürnt und sogar der katholische Kardinal Manilas Sin, Oberhaupt
der katholischen Kirche der Philippinen mischt sich (ähnlich wie ‘86,
als er Corazon Aquino unterstützte) in tagespolitische Themen ein.
Vornehmlich die weniger gebildeten Bevölkerungsschichten sehen in ihrem
Präsidenten aber noch den Held der Armen, den er als erfolgreicher Schauspieler
in seiner Fernsehserie verkörperte.
Der
heutige Kaufrausch der Filipinos hat aber nichts mit Politik oder Inflation
zu tun, sondern mit den bevorstehenden Feiertagen (Halloween, Allerheiligen,
Wochenende). Die größte Angst scheint dem Verhungern zu gelten. Lange
Schlangen bilden sich vor dem einzigen „Supermarkt“ des Städtchens.
Halloween kommt offensichtlich immer mehr in Mode. Seit Tagen hängen
Gruselmasken in den Auslagen der Schaufenster. Fast schon makaber, dass
Frankenstein und die Brut der Untoten ausgerechnet am Abend vor Allerheiligen
die Straßen in Angst und Grusel versetzen.
Vor JollyBee ist ein vielbesuchter Horrortunnel errichtet worden. Spitze
Schreie und hysterisches Gelächter dringen aus ihm.
Das Oktoberfest am Capitol hat heute seinen letzten Tag und Höhepunkt.
Mittwoch,
01.11.00/197. Weltreise-Tag:
Allerheiligen auf den Philippinen:
Nach mehreren Tagen Dauerregen bahnt sich heute erstmals wieder die Sonne
ihren Weg zwischen den Wolken hindurch. Wir machen uns auf den Weg zum
Armenfriedhof der Stadt.
Etliche Familien haben unter Planen und Regenschirmen bereits die Nacht
auf dem Friedhof verbracht. Heute wird vor allem der verstorbenen Kinder,
sie werden als die eigentlichen Heiligen angesehen, morgen dem Rest der
verstorbenen Seelen gedacht.
Bereits einige hundert Meter vor dem Friedhof sind zu beiden Seiten der
Straße kleine Stände mit selbstgebastelten Papierblumen und Kerzen aller
Größen aufgebaut. Dazwischen lässt sich bereits ein Blick auf den dahinterliegenden
Friedhof erhaschen.
Das bunte Treiben dort vermittelt Jahrmarktsatmosphäre.
Direkt am Eingang ist der Friedhofsweg noch ordentlich und gerade, keine
50 Meter weiter verliert er sich zwischen den Gräbern, deren weißgestrichene
steinerne Särge kreuz und quer versprengt, eng an eng in der Gegend stehen.
Auf
den Särgen der Verstorbenen findet heute der ganz normale Alltag ihrer
noch lebenden Angehörigen statt. Es wird gegessen und getrunken, um Geld
gezockt, geschlafen und Musik gehört. Da ist es schon überdurchschnittlich
pietätvoll, wenn Allerheiligen für einen Neuanstrich des Grabes genutzt
wird.
In den Friedhofskapellen werden ständig Messen gelesen. Die Namen Verstorbener,
die zwar nicht hier begraben sind, derer aber dennoch gedacht werden soll,
werden dem Pfarrer auf einem Zettel zugesteckt.
Kaum hat sich eine Familie von ihren Verstorbenen verabschiedet und auf
den Heimweg gemacht, wird die gerade verlassene Grabstatt auch schon von
den ganz Armen geplündert. Die hinterlassenen Blumen können nochmals verkauft,
das Wachs der nicht vollständig heruntergebrannten Kerzen wieder eingeschmolzen
werden...
Während die einen kirchliche Traditionen begehen,
frönen andere dem traditionellen Hahnenkampf. In der Polizeistation
neben
dem Friedhof beschnabeln sich gerade 2 schmucke Kampfhähne in schwarz-
grün- golden glänzendem Gefieder. Eben noch ganz friedlich in den Armen
ihrer Besitzer liegend, stürzen sich die beiden Streithähne aufeinander,
sobald sie Boden unter den Füßen verspüren. Mit weit gespreizten
Halskrausen hacken sie solange aufeinander ein, bis das Spektakel
von außen unterbrochen
wird. Es geht nicht um Leben oder Tod, denn sie haben keine Klingen an
die Beine gebunden bekommen. Wäre selbst hier ein bisschen viel,
wenn im Vorgarten der Polizeistation ein illegaler Hahnenkampf ("cock
fight") stattfände.
Illegal sind alle Kämpfe, die außerhalb der eigens dafür errichteten
Arenen stattfinden. Nicht etwa, weil Hähne unter dem Protektorat
irgendeines Naturschutzgesetzes ständen, sondern weil der Staat
sonst Milliarden von Pesos an nicht entrichteten Wettsteuern verlieren
würde.
Etwas
abseits der Szene ist ein dritter Gockel. Er plustert sich nicht mehr
mit stolzgeschwellter Brust und aufgestellter Halsmanschette auf, sondern
liegt mit zusammengebundenen Füßen mehr tot als lebendig mit schockgeweiteten
Augen mühsam nach Luft hechelnd sterbend am Beetrand. Neugierige spreizen
sein blutig zerschnittenes Gefieder mit den Händen und pulen interessiert
mit dem Zeigefinger in seinen Schnitt- und Stichwunden, um die Art der
tödlichen Verwundungen zu erforschen.
Hat der ehemals ganze Stolz seines „Besitzers“ erst mal seinen Todeskampf
verloren, wandert er schnurstracks in den Wok und nur als extrem teures
Fried Chicken wieder raus. Zwischen 5000 und 15000 Pesos werde
für ein Exemplar dieser, aus USA importierten Kampfhahnrasse gezahlt.
Kein Wunder, dass manche Filipinos diese Goldstückchen mehr hegen und
pflegen sollen, als Frau und Kinder. Ca. 1 Stunde täglich müsse der „Besitzer“,
auf den das Federvieh geprägt sei, mit diesem trainieren. Von den Anwesenden
will jedoch keiner was mit Hahnenkampf zu tun haben. Das sei lediglich
ein Spiel für Reiche und Prominente. Die professionelle Routine, mit der
sie ihre Hähne umhertragen, straft sie Lügen.
Weitere Informationen über Hahnenkämpfe finden sich auf dieser angeblich
„coolsten“ Cockfight-
Site,
ein Klick zeigt unser Kurz-Video
Hahnenkampf.
Keine 300 Meter weiter bemerken wir zwischen dichtem Dschungelgrün dunkle
Rauchschwaden, die sich innerhalb weniger Sekunden
zu dichten Rußwolken verdichten. Als wir am Ort des Geschehens eintreffen,
geht gerade eine Hütte in Flammen auf. Vom Besitzer fehlt jede Spur. Vermutlich
ein Kurzschluss in der Elektrik, mutmaßen die Nachbarn. Glücklicherweise
ist die Feuerwehr in der nächsten Querstraße stationiert: Keine 2 Minuten
später trifft sie ein. Der Mann am Steuer gibt von seiner erhöhten Warte
aus per Megaphon Anweisungen an die Löschtrupps. Kurz darauf sind die
Flammen mit viel Wasser gelöscht. Zurück bleiben schwarze Holzstümpfe
und verkohltes
Wellblech.
Wäre die Hütte traditionell gebaut gewesen mit Dach aus gebundenen Palmenblättern
(brennt wie Zunder) und Wänden aus geflochtenem Bambus (brennt wie Zunder,
aber länger), hätte jetzt nur noch ein Häufchen triefender Asche von der
ehemaligen Existenz einer Behausung gezeugt.
Donnerstag,
02.11.00/198. Weltreise-Tag:
Palawan scheint eine Insel der Projekte zu sein.
Da
ist der Amerikaner David, der im Rahmen eines Farming- Projektes während
der nächsten 9 Monate im sogenannten "Niemandsland" des Dschungels
auf 10 Hektar Grundfläche versucht, jungen Filipinos Grundzüge einer nach
marktwirtschaftlichen Gesetzen ausgerichteten Landwirtschaft nahe zu bringen.
Der Aufenthalt einer jungen Deutschen wegen eines Städtebau- Projektes
wird von der GTZ finanziert.
Shell bastelt fleißig am Pipeline- Projekt und unterstützt das Anti- Malaria-
Projekt.
Der Holländer Kees arbeitet seit einigen Monaten auf universitärer Ebene
als Physiker auf Cebu und nimmt hier an einem nationalen Symposium teil.
Er ist lebender Beweis für die Existenz einer groß angelegten philippinischen
Ausbildungsinitiative, des Education- Projektes...
Im Cybercafe erhalten wir Nachricht von Sheela, dass Boy
vergiftet worden ist.
Ja, es schert jemanden, wenn in Asien ein Hund tot umfällt.
Freitag,
03.11.00/199. Weltreise-Tag:
Heute gibt es keine Tageszeitung auf Palawan:
Wegen Sturmwarnung 3 sind alle Flüge von und nach Manila "gecancelled".
Der gestern erst angekündigte Taifun "Seniang alias Bebinca"
hat die Hauptstadt schneller erreicht als gedacht.
Unklar ist noch, wohin er sich als nächstes wenden wird.
Sturmwarnung 1 würde bedeuten, dass er vielleicht in den nächsten 72
Stunden (Stufe 2: 48 Stunden, Stufe
3: 24 Stunden) hierher kommen könnte.
Wir planen unsere Abreise für Sonntagmorgen mit einer der großen Fähren
von WG&A.
Die Boote der anderen Unternehmen sind deutlich kleiner, was in Anbetracht
aktueller Wetterbedingungen und möglicher Überladung ein größeres Risiko
darstellen würde.
Gewöhnlich dauert die Fährfahrt nördlich entlang
der Küste
bis nach Coron auf Busuanga etwa 12 Stunden.
Nachdem die Jeepneys wegen aufgeweichter Straßen seit 2 Tagen nicht mehr
nach Norden fahren, ist die Fähre die einzige Möglichkeit, von hier
weg zu kommen.
Traveler-Weisheit: Eine
Schifffahrt bei rauher See ist nie gemütlich - deshalb Seetransport wenn
möglich zeitl. flexibel planen!
Samstag, 04.11.00/200. Weltreise-Tag:
Wir
bemerken das Jubiläum gar nicht.
Sämtliche Benutzernamen und Passworte im Computer sind gelöscht. MArtin
wundert sich, hat keine Erklärung. Astrid hat gerade einen Artikel
über den Erap-Virus gelesen. Dieser verbreitet sich durch e-Mails
beiliegende "attachments".
Er ist ein sog. Trojanisches Pferd. Einmal im System, stiehlt er Benutzernamen
und Passwörter und zerstört gemeinerweise Computerfiles. Als Urheber wurde
ein 19 jähriger. Filipino bei Mozcom identifiziert. Auch wir wählen uns
über Mozcom ein...
Sonntag,
05.11.00/201. Weltreise-Tag:
Während die Engländer Andy und Tony so früh morgens nach Busuanga
fliegen, dass Andy nicht mal seine
frisch gewaschene Wäsche abholen kann, verbringen wir den Vormittag
gemütlich
mit Packen. Um 14 Uhr soll unsere Fähre nach Busuanga ablegen.
Vorher will Mae uns noch Andys Wäsche ins Cybercafe bringen für den Fall,
dass wir Andy in Coron wieder sehen.. Während MArtin im Internetcafe
versucht, den Computer zu ordnen, fährt Astrid sicherheitshalber 1 Stunde
vorher noch einmal zum Pier. MArtins Ahnung bestätigt sich: Kein Gedanke
an eine pünktliche Abfahrt!
Die Fähre legt mit 5 stündiger Verspätung gerade erst im Hafen an! Neuer
Abfahrtstermin ist 18 Uhr. Also zurück zu Kawing, dem ersten Internetcafe
von Puerto Princesa und in aller Ruhe noch ein paar Stunden an der
Webseite gearbeitet.
Andys Wäsche taucht allerdings nicht dort auf...
Normalerweise werden die Passagiere gebeten, 2 Stunden vor Ablegen des
Schiffs am Hafenpier zu sein. Verständlich, wenn man die Menschen- und
Gepäckmassen
sieht, die jedes Mal zwischen den philippinischen Inseln transportiert
werden. Aus Erfahrung klug, fahren wir erst auf
den letzten Drücker zum Pier. In einer Plastiktüte sind zwei
halbe Hähnchen
für die Reise eingewickelt. Nur ein zigfaches Nein in den verschiedensten
Tonlagen hatte die Verkäuferin davon abgehalten, das knusprige Federvieh
wie hier üblich, bis zur Unkenntlichkeit und unter Missachtung sämtlicher
anatomischer Strukturen zu zerstückeln. Heißhungrig verspeisen wir
es auf dem Freiluftdeck, noch
bevor die Fähre schließlich von Puerto Princesa
Richtung Busuanga ablegt.
Ob es wohl drinnen bleiben wird?
Nach einem Rundgang auf der "Lady of Lipa" verziehen
wir uns auf das "rote" Deck
der Economy- Class. Die frische Luft, die leuchtenden Sterne schräg über
uns sowie das ununterbrochene Geplapper
der Filipinos um uns herum bilden zusammen mit dem gleichmäßigen Stampfen
der 18.000 PS starken Schiffsmotoren ein Szenario, in dem wir uns
deutlich besser
fühlen, als in einer der Kabinen der zweiten Klasse.
Noch vor dem Morgengrauen werden wir von dem wohl typischstem
Geräusch der Philippinen jäh aus unseren Träumen gerissen - sogar
hier auf der Fähre ist einer...
Schon mal gesucht?

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