Dienstag,
20.03.01/341. Weltreise-Tag:
Frühmorgens
fahren wir zu Tongatapus Faua Wharf und besteigen die DEEP BLUE,
Tauchlehrer Herberts
stählernes
Tauchboot.
Skipper Wesley und der tauchbegeisterte kanadische
Divemaster Alain sind schon an Bord. Alain lässt schon von berufswegen
nichts
anbrennen;
er ist Chef im gegenüber liegenden berühmten International
Dateline- Hotel.
Wenig später kommt Dive Shop Besitzer Herbert mit seinen vier
Tauchern aus der komfortablen Diver’s
Lodge und
wir stechen in die Südsee.
Gleich hinter der schützenden Hafenbucht ist das Meer heute
rauh und gelegentlich schwappt ein großer Brecher sein Wasser
von einer Heckseite
zur
anderen über Bord.
Dennoch kann man es sich auf der DEEP
BLUE bequem machen und die meisten lassen sich auf der 1,5
Stunden dauernden Fahrt in ein Morgennickerchen schaukeln.
Wesley manövriert uns dank GPS zielsicher
an
das Duff Riff, unserer ersten Tauch- Site.
Die Wellenberge
wogen hier noch höher, weil ganz tief direkt unter uns ein
einsamer Fels bis auf wenige Meter unter die Wasseroberfläche
ragt.
Herbert bezweifelt, dass ein Anker bei diesem Seegang überhaupt
halten wird, wirft ihn trotzdem raus und siehe – beim dritten
Mal sitzt er!
Wir
beginnen, uns tauchfertig zu machen. Das Boot schaukelt heftig
in der Brandung und noch bevor alle fertig sind, hat sich der
Anker wieder losgerissen.
Also muss es ohne gehen...
Das
Briefing ist kurz und knapp, denn alle Anwesenden sind routinierte
Taucher:
Negative- Entry und zügig runter, um schnell in den Schutz
von Tiefe und Fels zu kommen.
Wir
lassen uns ins 26°C warme hellblaue Wasser
plumpsen
und sind sehr überrascht,
selbst unter diesen Bedingungen noch eine Sichtweite von
etwa 30m vorzufinden.
Die Strömung scheint nicht das Problem zu sein, eher der "Swell".
Er macht das Tauchen in seichteren Gefilden zur gleichgewichtsorganreizenden
Achterbahnfahrt.
Die Felsspitze formt ein
fast plattes Plateau.
An seinen teilweise schroff abfallenden
Rändern soll es 600m tief runter gehen.
Herbert ist der einzige Ortskundige, alle folgen ihm. Im
Schutz des Felsens tauchen wir bis auf 37m, wo sich ein
höhlenähnlicher
Swim- Through befindet.
Aus den Augenwinkeln heraus nehmen
wir 2 schlanke ca. 2,50 Meter große Schatten wahr.Zwei
Weiß-
Spitzen- Haie schwimmen aufgeschreckt an uns vorbei.
Hinter
dem Durchgang kehren wir um.
Ein tiefer liegendes Korallenplateau
scheint zum Greifen nahe,
doch
der Schein trügt:
Die Sicht hier unten liegt deutlich über
50m!
Herbert gibt den anderen Zeichen zu warten, während er sich mit MArtin an eine
vorstehende Felsnase heranwagt, von der aus man in schwindelerregende Tiefe
blicken kann.
Manches Mal schießen hier
Hammerhaie
aus der Tiefe hervor.
Sie sind die eigentliche Attraktion dieser Tauchsite.
Doch noch vor Erreichen der Nasenspitze spüren beide eine zunehmende Abwärtsströmung,
die sie respektvoll zurückkehren lässt.
Statt Hammerhaie sehen wir diesmal mittelgroße Barsche, Süßlippen,
Barrakudas und Thunfische.
Der
Fels selbst ist mit einigen farbenprächtigen Weich-
und Hartkorallen bewachsen. Nach 37 Minuten tauchen
wir wieder auf.
Kaum zurück an Bord, hängt sich MArtin über die Reling
und... kotzt. Da hilft es auch nichts
mehr,
die Webseite http://www.esys.org/seekrank/ im
Kopf zu haben.
Doch bis zum nächsten Tauchgang hat sein Gesicht wieder
etwas Farbe bekommen und wir hüpfen am "Virgin Cave" erneut
ins Blau.
Diesmal führt uns Alain, der bei DEEP BLUE vorübergehend als
Tauchmeister aushilft.
Anstatt jedoch dem gut sichtbaren Riff
entlang zu tauchen, wendet er sich, den
Kompass
vor den Augen, Richtung Meeresblau.
Wir folgen ihm nur zögernd,
wissen nicht recht den Grund für seine Kursänderung. Aber wir
wollen uns überraschen lassen.
Je weiter wir uns vom Riff entfernen,
desto einfarbiger wird unsere Umgebung, bis wir schließlich ringsum
von hellblauem Meer umgeben sind.
Wir grinsen uns an ... wem
ist das nicht auch schon mal passiert, dass er sich lieber auf
Instrumente als auf seine 7 Sinne verlassen hat ? Niemand nimmt’s
ihm übel und nach Rückkehr lassen wir den gelungenen Tauchtag
bei einem kühlen Ikale in der Billfish Bar ausklingen.
Mittwoch, 21.03.01/342. Weltreise-Tag:
Nach Sonnenuntergang gehen
wir zum Tonganischen Kulturshow- Dinner (12€) ins
International
Dateline Hotel, der ehemals ersten
Adresse
Tongas.
Früher Tonganischer Staatsbetrieb, wird das Dateline Hotel zwischenzeitlich
von einem chinesischen Konzern geleitet.
Das liegt voll im Trend, seit seine
Majestät vor ca. 3 Jahren die Einreise für Chinesen erleichtert und der Regierung
einen lukrativen Handel mit tonganischen Pässen ermöglicht hat.
Zum Leidwesen
etlicher Tonganer sind seither überall auf Tongatapu chinesische Läden aus
dem
Boden
geschossen und haben viele der einheimischen Falekoloas in
ungleichem Konkurrenzkampf verdrängt.
Mit die erste Anschaffung der neuen chinesischen
Direktion des Dateline Hotels war eine Satellitenschüssel und Fernseher
für die 76
Hotelzimmer.Fernsehen
gibt es auf Tonga übrigens erst seit Mitte der Neunziger.
Die meisten Touristen dürfte aber weder das Programm des
lokalen christlichen Senders OBN noch die kommerziell motiviert
wirkende
Missionierung von TBN faszinieren.
Wir essen erstmals Ota Ika (roher Fisch, Rezept),
ein
Highlight
der tonganischen Küche.
Vom goldbraun gerösteten Ferkel bekommen wir nichts
ab, es „überlebt“ nicht mal den ersten Ansturm auf das etwas knapp bemessene
Buffet.
Es folgt eine Aufführung traditioneller Tonganischer Tänze. Trinkgelder
sind auf Tonga zwar nicht üblich, aber vor allem den jugendlich-
jungfräulichen Tau’olunga- Tänzerinnen werden als Anerkennung
gerne kleinere Pa’anganoten auf die großzügig mit Kokosöl
beriebene Haut geklebt.
Sione Aleki wird als bester tonganischer ’Ukulele -
Spieler angekündigt. Der
Akrobatischste ist er allemal, denn er spielt das kleine Saiteninstrument
auch hinter seinem Rücken, zwischen seinen Beinen, sich auf
dem Boden wälzend und
mit seiner Zunge. Wieder einmal wünschten wir, eine Digitalkamera mit Blitzlicht
zu besitzen.
Unsere amerikanischen
Tischnachbarn haben eine. Sie sind ebenfalls mit "komipiuta" unterwegs
und veröffentlichen ihre Reise unter www.immell.com.
Der Heimweg ist dunkel, weil die Straßenbeleuchtung seit einigen Tagen nicht
mehr funktioniert. (Angeblich sei die Stromrechnung noch
unbezahlt,
was schon mal vorkomme.)
Einer der halb verhungerten (und ganz verwurmten) Straßenhunde schlägt plötzlich
an und verbellt uns lautstark. In wenigen Sekunden ist das gesamte Rudel wach,
rottet sich hinter uns zusammen und mehrere der räudigen Straßenköter verfolgen
uns drohend kläffend.
Der
in Thailand erlernte Trick, sich zum Boden zu beugen als hebe
man einen Stein auf, hilft auch hier: Sofort ziehen sich die
mitleiderregenden Vierbeiner respektvoll zurück. Zu dumm, dass
die hiesige Administration unlängst ein konkurrenzlos billiges
Angebot für eine breit angelegte Aktion zur Sterilisation von
Straßenhunden ausgeschlagen hat. Die “eigenen” Hunde kann man
auf Tonga hingegen für umgerechnet 5 DM kastrieren lassen.
Donnerstag, 22.03.01/343. Weltreise-Tag:
Ein Besuch auf dem Talamahu Markt von Nuku'alofa
lehrt uns einiges über Tonganische
Nahrungsmittel.
Unter
dem Vordach des Marktgebäudes sitzen Marktfrauen im Schneidersitz
und bieten ihre Waren in ovalen, aus Kokosblättern geflochtenen
Körben feil. Das Angebot variiert saisonbedingt stark, momentan
ist eher “saure- Gurken- Zeit”. Stets jedoch findet man traditionell
Tonganisches Gemüse wie verschiedene Wurzelknollen und Taro-
oder Peleblätter.
Ein mit Taro, Kape, Manioke oder Kumala (süße Kartoffel) gefüllter
Korb kostet nur 5T$ (etwa 5DM).
Für einen
Korb
mit Yam- Wurzeln muss man 20- 30 T$ hinlegen.
Yams sind teurer,
weil der Anbau mühseliger ist (z.B. wird das Pflanzloch knapp
ein Meter tief gegraben). Man isst sie auch nur zu besonderen
Anlässen.
Wir Zwei könnten von einer solchen Verkaufseinheit
mehr
als einen Monat täglich essen, daher würde Astrid gerne nur
eine der acht im Korb liegenden, etwa 50cm langen und unterarmdicken
Yamknollen kaufen. Ungläubig schüttelt die schwergewichtige
Bäuerin den Kopf. Verkauft wird jeweils nur das vollständige,
aus einem Kokosblatt geflochtene Gebinde.
Einzelverkauf
unmöglich (zumal kaum jemand den Einzelpreis berechnen könnte).
Klar, auf Tonga gibt es ja auch keine Zwei- Personen- Haushalte.
Die typische unter einem (kleinen) Dach zusammen wohnende Tonganische
Familie umfasst zwischen 8- 12
Personen
und wer Knollen im Erdofen (Umu) zubereitet, gibt gewöhnlich
auch Essen an seine Nachbarn ab. (Dem Umu, als typische südpazifische
Gartechnik und soziales Ereignis wird demnächst ein eigenes
Kapitel gewidmet sein.)
Im Erdgeschoss der Markthalle wird „Palangi“- Gemüse wie Tomaten, Zwiebeln,
Gurken, Salat und Kartoffeln angeboten. Alles ist ordentlich in geometrischen
Figuren angehäufelt. Zwei Tomaten kosten derzeit 1 T$ (ca. 1DM) , das Gleiche
gilt für Salatgurken.
Palangi ist
der Tonganische Ausdruck für Weißhäutige. Über
die Entstehung dieses Namens haben wir drei verschiedene
Versionen gehört. Die uns am plausibelsten klingende
war die Kombination aus den Worten pa (Explosion)
und langi (Himmel). Die Geschichte erzählt, dass
die ersten anlandenden Weißen zur Einschüchterung
der furchterregend großen Eingeborenen einen Warnschuss
in die Luft abgaben und so eine Explosion im Himmel
verursachten. |
Ein kümmerlich
aussehender kleiner Salatkopf kostet, falls überhaupt vorhanden,
bis zu 2,50 T$. Die schwülen
sommerlichen
Temperaturen und häufiger Regen sollen für das magere Angebot verantwortlich
sein. Aber die genannten Gemüsesorten sind eben auch keine traditionellen
Tonganischen Lebensmittel und Touristen erwartet man erst gegen
Winter, also ab Mai.
Kleine
Peperoni gibt es in Hülle und Fülle. Sie sind spottbillig
aber höllisch scharf.
Erdnüsse werden direkt vom Strauch kommend
gebündelt
und verkauft. Sie sind ungewohnt geschmacksneutral verglichen
mit den uns bekannten gerösteten und gesalzenen Peanuts.
Endlich erspähen wir ein vermeintlich gutes Angebot: Ein großer
Beutel gelblich- grüner Sternfrüchte kostet nur 1 T$! Da
heißt es zuschlagen.
Ähnlich preiswert sind die uns scheinbar bekannten orangefarbigen
Mandarinen. Doch im Vergleich zu den
stets
unreif aussehenden großen Grünen, sind hier die Gelben die
Sauren.
Über eine schräge Betonebene erreichen wir schließlich den ersten
Stock des Marktgebäudes. Hier werden neben Kurzwaren vor
allem traditionelle und landestypische Waren wie Tapas ,
Matten, Schnitzarbeiten aus Fischgebein und Wurzelgeflecht, Zierrat
aus Muscheln und Kokosschalen angeboten.
Nachdem wir uns satt gesehen haben, kehren wir durstig auf
die Straße zurück und freuen uns auf die gekauften Sternfrüchte.
Im Schatten eines riesigen Ficus Benjamini setzen wir uns auf
die Steinmauer und schneiden eine Sternfrucht auf. Als wir jedoch
die erste Scheibe kosten, kräuseln sich uns fast die Fußsohlen,
so sauer sind sie. Trotzdem: Genau das Richtige gegen unseren
Durst.
Es hilft alles nichts, wir müssen uns die Vielfalt des hiesigen
Gartens Eden neu erschmecken.
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