Wenn
es etwas „Typisches“ für Tonga gibt, dann sind es die Tapas,
denn sie sind Tongas unverwechselbarstes Markenzeichen. Kein
tonganischer Haushalt kommt ohne Tapa aus und nur wer keinen
Tapa besitzt, gilt auf
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Tapas
are probably Tonga’s most typical attribute. Tapas
already took part in tongan all day life and family
culture many centuries ago. Only someone, who didn’t
possess a single Tapa was considered to be really
poor. Reason enough to look a bit closer at their
history, fabrication and value. |
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Tonga
als wirklich arm.
Tapas (tong.: ngatu) sind Teil des tonganischen Alltags, sie dienen als Kult-
und Gebrauchsgegenstand, fungieren als Statussymbol und sind eng mit der tonganischen
Familienkultur, Lebensart und Tradition verwoben. Tapas begleiten Tonganer sogar
noch über deren Tod hinaus. Grund genug, um ein bisschen mehr über Tapas, ihre
Geschichte, ihre Herstellung und über ihren Wert zu berichten: Aus Baumrinde
hergestellte und mit Mangrovenwurzelsaft bemalte Tapa- Stoffe (tonganisch: ngatu)
dienten bereits lange vor Cooks- Zeiten (tonganisch: Kapiteni Kuki - um1770)
als Kälteschutz, Dekorationsmaterial und Kleidung.
Der fortschritts- und zivilisationsorientierte
The
progressive King George Tupou I temporarelly banned
Tapas from all day life by law (excepting funerals),
as Tapas were considered as a relict of ancient “uncivilized” times. |
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König
George Tupou I (1845-93) verbannte
Tapas als Relikt vergangener "Wilder Zeiten" vorübergehend
per Gesetz aus dem tonganischen Alltag und beschränkte ihren Einsatz
auf tonganische Begräbnisrituale. Noch heute werden Leichnam oder
Sarg in etliche Lagen Tapa gewickelt, bevor über dem Grab Sand angehäufelt
und die Grabstätte nach tonganischer Sitte dekoriert wird.
Die Kunst der Tapaherstellung ist eine langwierige, mehrere Arbeitsschritte
umfassende Teamarbeit und wird seit Jahrhunderten von Generation zu Generation
vererbt.
Tapas werden aus der Rinde des Maulbeerbaumes (tong.: hiapo) gefertigt.
Bruder oder Ehemann der Frauen sind in den regnerischen Herbstmonaten Februar-
April
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Tapas
are made of the underbark of the mulberry tree. Men plant
the trees in the rainy summer and autumn months Feb. to
Apr. The tree’s branches must be cut regularly, otherwise
they would lead to holes in the tapa’s tissue. It takes
3 years for the slim trunk to turn into a silverish colour,
which indicates that the tree is ready to be cut. All the
rest is women’s work. |
für die Pflanzung
der Tutu- Bäume verantwortlich. Auch die Pflege dieses lange vor
Christi Geburt aus Süd- Ost- Asien importierten sensiblen schlanken
Baumes ist Männersache: Seitentriebe müssen regelmäßig und so früh
wie möglich ausgegeizt werden, damit die Baumrinde und somit der
Tapa später keine Löcher aufweisen. Nach ca. 3 Jahren verwandelt
der 3-4 Meter hohe 3-6 cm dicke grüne Jungbaum seine Rinde in ein
sattes Silber. "Kuo hina e hiapo" sagen die Einheimischen
- "Der Hiapo ist weiß geworden" -, wenn der Zeitpunkt des
Fällens (tong.: amusi) gekommen ist.
Für die weitere Verarbeitung sind auf Tonga ausschließlich die Frauen verantwortlich.
Nach dem Fällen werden die Stämme getrocknet und geschält, die äußere harte Rinde
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After
being cut, the trunks are dried for a couple of days
before the white inner bark is separated and soaked. |
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von der inneren weichen
getrennt. Der weiße Bast (tong.: tutu) wird geglättet, gerollt (tong.:
fakate'ete'ete), und gebündelt für mehrere Tage in der Sonne getrocknet.
Paarweise werden nun die getrockneten Tutus zusammengelegt und in
Rollen von jeweils 10 Paaren (tong.: tekau) bis zur Verarbeitung
oder zum Verkauf gelagert.
Wenn die Zeit gekommen ist, werden die Häute möglichst ohne Löcher zu produzieren über
Nacht eingeweicht und am folgenden Tag geknüppelt und geschlagen.
Als Amboss dient dabei ein 1-4m langer hölzerner Stamm (tong.: tutua). Im
Schneidersitz
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The “tutu” is
beaten with a carved iron- wooden mallet until it is thin,
flexible and widened to a width of about 1,5ft. Sometimes
you can hear the sound of pounding tapa mallets (Ike) all
over the rural areas of Tonga. |
davor sitzend, schlagen
die Frauen mit einem vierkantigen Hartholzhammer (tong.: ike) rhythmisch
auf das noch feuchte Tutumaterial ein, bis es weich, biegsam und
auf ein Mehrfaches seiner ursprünglichen Breite angewachsen ist. Der
vierkantige "Ike" ist mit längsverlaufenden Riefen
versehen,
deren
Tiefe und Anzahl von Seite zu Seite variiert. Mit jeder Fläche dieses Hartholz-
Klöppels werden die Tutus solange geknüppelt und miteinander verfaltet (insgesamt
4 mal - tong.: 'opo'opo,), bis aus zwei ursprünglich ca. 10 cm breiten Tutustreifen
ein etwa 50 cm breites, hauchdünnes "feta'aki", ein "rohes
Tapastück" entstanden ist.
Wer ein wenig abseits der ausgelatschten Touristenpfade durch Tongas ländliche
Gebiete wandert, wird allenthalben das charakteristische Klöppeln Dutzender von
Ikes vernehmen. Wie das klingt hörst Du, wenn Du obiges Bild anklickst.
Was auf den ersten Blick wie Südseeromantik pur erscheint, ist für die Frauen
hier jedoch
harte
Knochenarbeit und das stundenlange monotone Schlagen des Ikes führt nicht nur
zu Schwielen und Sehnenscheidenentzündung en, sondern langfristig auch zu schmerzhaften
Handgelenkarthrosen. Und die typische Sitzhaltung mit verschränkten Knien beschert
nicht nur "zivilisierten" Frauen Rücken- und Kniegelenksbeschwerden,
sondern auch den Tonganerinnen.
Längere Trauerzeiten bedeuten daher auch willkommene Zwangspausen die sich, wie
beim Ableben des Prinzen Tungi (dem Vaters des jetzigen Königs), respektvoll
auch schon mal über zwei
Jahre
hinziehen können.
Der nächste Arbeitsschritt, das Platten der Tapa- Stücke geschieht im Bett und
passiert dank des Übergewichtes der meisten Frauen im Schlaf.
Danach werden etwaige Löcher mit kleineren feta'aki- Flicken gepatcht (tong:
monomono). Als Klebstoff wird üblicherweise Stärkeschleim verwendet, wie er entsteht,
wenn man geraspelte Manioke- Wurzel (süße Kartoffel) mit Wasser aufkocht bis
ein sämiger, unserem Tapetenkleister nicht unähnlicher flockiger Brei entsteht.
Um Kakerlaken, Mäusen und anderem Getier den Appetit an dieser nahrhaften Kleberschicht
zu verderben, wird dem Kleister meist noch ein Schuss Kerosin beigemengt. In
einem Handtuch eingeschlagen, kann der klebrige
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Manioke
is peeled, grated and boiled. The resulting creamy
starch is used to glue the pieces of the tapa together.
Sometimes kerosin is added to prevent animals from
eating this nutritious layer. |
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Schleim großflächig
auf dem Tapa verteilt werden.
Sind genügend rohe Tapastücke (feta'aki) beisammen, treffen sich zwischen 10
und 50 Frauen zu einem ganztägigen "koka'anga". Das ist ein soziales
Ereignis bei dem, unterbrochen von Essen, Reden, Essen, Lachen, Essen, Singen,
Essen, Tanzen und Essen die einzelnen Tapastücke zusammengeklebt und gemustert
werden. Eine "toulanganga"- Gruppe verarbeitet dabei die von jeder
einzelnen Frau individuell hergestellten feta'aki zu einem gemeinsamen ngatu
und "kautaha" heißt es, wenn die nur aus einer Hand stammenden
feta'aki
gemeinsam zu einem ngatu verarbeitet werden.
Die Frauen sitzen sich dabei im Tapa- Dorfgemeinschaftshaus im Schneidersitz
an ca. 7m langen röhrenförmigen Holzkonstruktionen (tong.: papa) gegenüber. Die
Musterbretter (tong.: kupesi) werden mit Maniokestärke auf die konvexe Wölbung
der Holzröhre geklebt. Die rechteckigen Musterplatten bestehen aus einem Geflecht
von Pandanusblättern mit aufgenähtem Motiv aus Kokos- und Hibiskusfasern. Bei
diesen Tapamotiven beweisen Tonganer höchstes
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Putting
the family’s traditional relief patterns to the tapas is
women’s teamwork while sitting face to face alongside the “papa”.
As tapas are specially made for funerals and weddings,
their background- patterns can be read like a chronicle
of families. |
Traditionsbewusstsein:
Seit vielen Generationen werden in den einzelnen tonganischen Familien
Dutzende von Mustervorlagen detailgetreu überliefert und wieder verwand.
Da Tapas insbesondere als Geschenk für Hochzeiten und Beerdigungen
gefertigt werden, dokumentieren Tapas den Verwandtschaftsgrad einzelner
Familienzweige und sind für Kundige wie eine stammbaumartige Familienchronik
zu lesen...
Nun wird die erste Lage "feta'aki" auf die Musterbretter gespannt und
großzügig mit einem braunen Färbemittel (bestehend aus Kokosnusssaft und gepresster
Koka- oder Mangrovenrinde) bestrichen. Nach kurzem Antrocknen wird darauf eine
Schicht Kleister aus geschälten, halb- gekochten Pfeilwurzknollen aufgetragen
und eine zweite Lage "feta'aki" verklebt. Eine letzte Schicht Kleber
stärkt die überlappenden
The
top- layer’s painting is then done by hand
using the sharp end of a pandanus tree seed as paintbrush.
The brown colour derives from boiled mangrove roots. |
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Ränder, bevor der
gesamte Tapa nochmals mit brauner Farbe eingerieben wird, damit sich
das darunter liegende Muster deutlicher durch den Stoff drückt.
Der so gemusterte Tapa wird anschließend unter tonganischer Sonne
getrocknet und, auf ihm sitzend, weiter von Hand bemalt.
Allein die Herstellung der Farbe hierfür ist aufwendig und kostet mehrere
Frauen einen ganzen Tag:
Die rötliche Farbe wird durch Auskochen geriebener innerer Mangrovenwurzel-
Rinde gewonnen. Schwarze Farbe entsteht durch Mischen der schwarzen Asche
von Kerzenholzkernen mit dunkelbrauner Kokafarbe. (Kennt jemand Details? – wir
fahnden weiter)
Als Pinsel wird das faserige spitze Ende eines Samens der Pandanusfrucht
(tong.: fa) verwendet:
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Pandanus:
Tree - Seed - Fruit
Rubbing the tapa with overripe breadfruit or coconut-
oil gives it’s surface a shiny finish.
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Je nach Färbung des
Tapas unterscheidet man prinzipiell zwischen einem "tapa 'i
ngatu" (weißer Hintergrund, dunkle Muster) und einem "ngatu" (bräunlich
grundiert mit blassem Muster).
Ein besonderes Finish erhalten Tapas gelegentlich durch Stärken mit überreifen,
weichen
Brotfrüchten
oder durch gelegentliches Einreiben mit Kokosöl (tongan oil), was den faserigen
Prachtstücken einen seidigen Glanz verleiht.
Tapas sind erstaunlich leicht, wunderschön anzusehen und überaus hautfreundlich
im Gebrauch. Ihre Textur ähnelt einer Papier- Baumwollmischung und wirkt stark
temperaturisolierend.
Die Größe der Tapas hängt von der Bedeutsamkeit des Anlasses ab. Bis zu 100 – 250m
(!) lange Tapas („Roter Teppich der Südsee“) werden nur für spezielle Gelegenheiten
und Personen hohen Ranges angefertigt und sind unbezahlbar. Die „üblichen“ Größen
variieren zwischen 6 und 24 m².
Traditionell leistete Tapa gute Dienste im Tauschhandel z.B. gegen Pandanus-
Matten.
Deshalb signalisiert Tapa selbstverständlich auch Ansehen und manch ältere tonganische
Dame aus gutem Hause fühlt sich angeblich erst wohl, wenn sie immer etliche Fuß Tapa
vorrätig hat...
Auch im heutigen Tonga sind Tapas kostbar, wie z.B. ein Blick in die Pfandleihe
Tongatapus beweist.
Die
folgende Verwendungs- Liste für Tapas im Tonga
von heute ist lang und sicherlich ergänzungswürdig.
Das Wichtigste in ihr steht, wie so oft, an ihrem
Ende: |
We
found tapas all over Tonga. Sometimes at places,
we didn’t expect it.
The following list is long and yet uncomplete.
Feel free to give us some more ideas... |
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Tapas sind
auf Tonga das Geschenk der Wahl bei Beerdigungen, Hochzeiten
und königlich- noblen Anlässen. Da wechselt schon mal
die Fläche eines Fußballfeldes ihre Besitzer. |
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In
Tonga, tapas are the perfect gift for funerals, weddings
and royal or noble events. You could cover soccer fields
with the amount of tapa being exchanged at some of these
occasions. |
Die
Sitzplätze von König, Adligen oder Würdenträgern werden
auf Tonga großzügig mit Tapa dekoriert. |
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The
environment of H.M. the King, nobles or dignitaries is
usually decorated with mats and tapas. |
Als Kostüm
werden Tapas und Matten hauptsächlich bei traditionellen
tonganischen Tänzen oder von Bräuten getragen.
Aber z.B. auch beim Miss Heilala- Wettbewerb, wie uns Christy, Miss
Heilala 2001 hier zeigt. |
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Mats
and tapas in Tonga are used for clothing, especially
by traditional dancers, brides and, as shown, by Christy,
Miss Heilala 2001. |
Als Decken-
oder Wandtapete kleiden Tapas Räume aus und verbreiten
ein angenehm- natürliches Ambiente. Wie hier im TVB,
dem Tongan Visitors Bureau in Tongatapu. |
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Used
as ceiling- or wallpapers, mats and tapas contribute
much to a very cozy and natural ambience. The picture
was taken inside the TVB, Tongan Visitor's Bureau. |
Touristen
lieben auf Tonga den erdfarbenen handschmeichelnden Stoff
und kaufen Tapastücke als Postkarten, Wandembleme, Fächer
etc. |
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Tourists
just love the earth-coloured skin- pleasing tissue and
buy pieces of tongan tapa as postcards, framed pictures,
handfans...
(see souvenir-chapter) |
Bei der Ordination
von Tikoni Christopher Sione Ata Kaitapu in der katholischen
Kirche von Tongatapu am 28.12.2001.
Chris betet demütig auf einem Tapa. |
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Taken
at the ordination day of Tikoni Christopher Sione Ata
Kaitapu in the catholic church of Tongatapu.
Humbly Chris is praying on a Tapa. |
Auch wir
haben auf Tonga schon auf- und unter Tapa geschlafen und
fanden es sehr angenehm.
Im Winter bieten Tapas als zusätzlich Bettdecke guten Schutz gegen den
kalten Südwind.
Obwohl das
Thermometer 19°C zeigt, fröstelt man hier. |
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We
have already slept on and under tapas and found it quite
comfortable and cozy.
Used as a mattress
or a blanket, a tapa protects well against winter’s
cold south-wind (Jul.-Aug.).
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Bei Hochzeiten
innerhalb "betuchter" Tonganischer Familien wird
die Braut beim Brauttanz mit Tapas geradezu überschüttet. |
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On
Tonga, you don't need much imagination to find a beautiful
fitting wedding present:
Luisa is showered with Tapa cloths while performing her wedding dance. |
Bei tonganischen
Begräbnissen wird der Leichnam entweder in Tapa eingewickelt,
oder ein Stück Tapa wird mit in den Sarg gelegt. |
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At
funerals, the dead body is either wrapped in tapa or
a piece of tapa is put inside the grave. |
Zahlreiche
Tapas werden hergestellt, um sie nach Weihnachten dem
scheidenden verwandtschaftlichen Besuch mit ins Ausland
zu geben, wo sie teils mit Liebe verschenkt, teils gegen
Tausende von Dollars getauscht werden. |
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Numerous
tapas are manufactured in order to leave Tonga together
with the returning relatives from abroad after Christmas.
In the foreign countries they will be either given with
love or exchanged for dollars. |
Eine hautnahe
Vorführung und Erklärungen rund um Tapas, tonganische
Geschichte und Traditionen erhält man im Tongan National
Center, Hala Taufa’ahau, gegenüber dem Vaiola Hospital. |
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A
tour at the Tongan National Center, Hala Taufa’ahau,
opposite Vailoa Hospital, gives you a good introduction
on tapas and other historical and traditional backgrounds
of Tonga. |
Tapas,
und das ist ihre vornehmste und schönste Funktion, sind
ein Geschenk der Liebe und bestens geeignet, auf Tonga
Wertschätzung und Dankbarkeit auszudrücken. |
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Tapas,
and this is their most beautiful and honourable function,
can be given as a gift of love and symbolise appreciation
and gratefulness. |
Für
die Zusendung weiterer Infos & Links sind wir dankbar :).
Wer mehr Infos (Text, Bild oder Video) über Tapas o.ä. braucht oder dem Innendesign
seines Hauses mit einem Tapa ein exklusiv- exotisches Sahnehäubchen aufsetzen
will:
Im Forum werden Sie geholfen.
This
chapter is most gratefully dedicated to Tafolosa and Paul.
Without you lending us bicycles for such a long time, this chapter would not
have been faisable.
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